Eine Immobilie zu kaufen, sei in jedem Fall besser, als dauerhaft zur Miete zu wohnen, heißt es oft. Nur so könne man dauerhaft Vermögen aufbauen – aber stimmt das wirklich?
Die meisten Menschen, die ich kenne, wohnen zur Miete in Großstädten und beschweren sich über steigende Mieten, da sie einen immer größeren Teil ihres Budgets auffressen. Als meine Freunde und ich als Studenten zur Miete in einer WG gewohnt haben, war das lange kein Thema, doch inzwischen stellen sich viele meiner Freunde die Frage, ob sie vielleicht nicht doch die Finanzierung einer eigenen Immobilie angehen sollten, statt jeden Monat das Geld an den Vermieter zu überweisen.
Kürzlich erzählte mir ein Bekannter, dass er mal bei einer Bank die ersten Angebote für eine Immobilienfinanzierung eingeholt habe, schließlich seien die Zinsen ja so niedrig wie nie, da müsse man doch zuschlagen, oder?
Unsere Elterngeneration jedenfalls liebt Immobilien, sie gelten im Vergleich zu anderen Anlageformen wie Aktien, Anleihen oder Investmentfonds als grundsolide Angelegenheit. Von Kind auf bekommen viele beigebracht: Wer auf eine Immobilie setzt, kann so gut wie nichts falsch machen, denn man spart sich damit die Miete und baut stattdessen Vermögen auf.
Aber stimmt das überhaupt? Ist Kaufen tatsächlich langfristig besser, als zur Miete zu wohnen?
Natürlich lässt sich das nicht so einfach sagen. Vor allem hängt die Entscheidung, ob Mieten oder Kaufen die bessere Lösung ist, von den eigenen Lebensplänen ab. Wer damit rechnet, wegen verschiedener Jobwechsel öfter in eine andere Stadt umzuziehen, wird eher zur Miete wohnen als ein Mensch mit sicherem Job und Familie.
Aber wie sieht es mit den finanziellen Vorteilen beider Wohnformen aus? Schneidet der Käufer oder der Mieter im Vermögensvergleich besser ab?
Einige Blogs berechnen mögliche Vermögensentwicklungen für Mieter und Käufer. Forscher vermuten dass zwei Paare in exakt identischen Wohnungen in einem Berliner Mehrfamilienhaus leben. Das eine Paar entscheidet sich, die Wohnung zu kaufen, das andere wohnt weiter zur Miete. Neben der Wohnung haben die beiden Paare auch sonst dieselben Startvoraussetzungen: Beide haben die vergangenen Jahre 100.000 Euro zusammengespart.
Zu Beginn kauft das Käuferpaar die Immobilie für 300.000 Euro, es finanziert sie aus einem Drittel aus Eigenkapital (100.000 Euro) und zu zwei Dritteln aus Fremdkapital und nimmt dazu einen Kredit bei einer Bank auf. Nach 30 Jahren, zum Start der Rente, soll die Immobilie abbezahlt sein. Dann wollen die beiden die Wohnung mit Gewinn verkaufen.
Das andere Paar geht einen anderen Weg: Es bleibt in der Wohnung zur Miete wohnen und legt das Ersparte breitgestreut am Kapitalmarkt an. So wollen sich die beiden fürs Alter ein Vermögen aufbauen. Jährlich zahlt das Paar Kapitalertragsteuer von 25 Prozent auf seine Erträge, während der Verkauf der Immobilie des ersten Pärchens von Steuern befreit ist.
Wer gewinnt das Rennen?
Beim langfristigen Vermögensvergleich von Mieter und Käufer gerät das Käuferpärchen zunächst in Rückstand: Beim Kauf der Wohnung werden als Erstes Grunderwerbsteuer und Notarkosten fällig. Dazu kommt in vielen Fällen die Courtage des Maklers. Diese Anschaffungsnebenkosten liegen in Berlin bei mindestens 7,5 Prozent. Die Ausgaben in Höhe von 33.000 Euro müssen die Käufer mit vorhandenem Geld bestreiten. Beim Mieterpärchen bleibt dieses Guthaben dagegen erhalten.
Käufer Müssen Oftmals Kredit Aufnehmen
Auch nach dem Wohnungskauf stellt sich die Situation sehr unterschiedlich dar: Der Großteil der gekauften Wohnung gehört im Grunde erst einmal der Bank. Das Käuferpaar stottert über 30 Jahre mit Tilgungszahlungen den Kredit ab. Meistens sind Baukredite sogenannte Annuitätendarlehen, Immobilienkäufer bekommen also die Summe für den Kauf eines Hauses auf einen Schlag vorgestreckt, im Gegenzug müssen sie das Darlehen über viele Jahrzehnte mit gleichbleibenden Raten zurückzahlen. Die monatliche Rate wird dabei von der Kreditsumme (Tilgung), dem Zinssatz und der Laufzeit bestimmt. In unserem Beispiel liegt der Tilgungssatz bei marktüblichen 2,54 Prozent, der Zinssatz bei günstigen 1,8 Prozent. Damit ist sichergestellt, dass der Kredit nach 30 Jahren abbezahlt ist und die Käufer keine Zinsschwankungen hinnehmen müssen.
Aber das ist noch nicht alles: Neben der Kreditzahlung muss das Paar jährlich 1,5 Prozent des jeweils aktuellen Gebäudewerts für Instandhaltung der Wohnung investieren. Dafür spart sich das Paar die Miete.
Das Mieterpaar hingegen ist und bleibt schuldenfrei, muss aber dafür ein Leben lang jeden Monat Miete zahlen. Die beiden Mieter sind gerade erst in die Wohnung eingezogen, müssen deshalb stolze 1.375 Euro als Miete zahlen – das entspricht aufs Jahr gerechnet 5,5 Prozent des Wohnungspreises. Steigt die Immobilie im Wert, steigt damit automatisch auch die Miete.
Damit der Vergleich fair bleibt, wenden Käufer und Mieter jedes Jahr exakt gleich viel Geld für die Vermögensbildung und Unterkunft auf. Die monatlichen Ausgaben für das Wohnen belaufen sich für die 100 Quadratmeter große Wohnung in unserem ersten Beispiel also auf 1.375 Euro. Sollten die Käufer in einem Monat mehr Kosten für ihre gekaufte Wohnung haben, sparen die Mieter die zusätzliche Differenz und legen sie am Kapitalmarkt an.
Wie der Vergleich zu einem bestimmten Zeitpunkt – etwa zum Renteneintritt – ausgeht, hängt vor allem von der Entwicklung der Immobilien – und Mietpreise und der Entwicklung der Kapitalmarktrenditen ab.
Geht man nun davon aus, dass die Immobilienpreise und Mieten in den nächsten Jahren langsam weiter steigen (mit jeweils 1 Prozent pro Jahr), der Mieter 1.375 Euro Miete zahlt und sich bei der Geldanlage nur eine moderate Rendite erzielen lässt (3,5 Prozent pro Jahr), so liegt der Käufer bereits nach weniger als zehn Jahren beim Vermögensvergleich vorn. Am Ende hat der Käufer durch seine monatlichen Zahlungen seine Immobilie bezahlt, die einen Wert von 548.076 Euro hat. Der Mieter hat lediglich ein Vermögen von 259.540 Euro angehäuft. Das Käuferpaar entscheidet in diesem Beispiel das Rennen klar für sich.